Als Nicht-Bayer wird man es wahrscheinlich nie verstehen, warum es Tradition in Süddeutschland ist, die Münchner Weißwurst vormittags zu essen. Gehen Sie mal in ein bayerisches Restaurant, dort werden Sie in der Abendkarte kein Gericht mit Weißwurst finden. Doch nicht nur die Essenszeit hat die hellhäutige Brühwurst weltberühmt gemacht. Da gibt es noch andere Traditionen. Welche dies sind und wie, warum und seit wann es die Weißwurst gibt, sind wir mal auf den Grund gegangen.
Wer hat's erfunden?
Nach den Aufzeichnungen der Stadt München soll die Weißwurst am 22. Februar 1857 im Gasthaus zum "Ewigen Licht" am Marienplatz entstanden sein. So wird berichtet, dass sie dem damaligen Wirtsmetzger Joseph Moser als Fehlfabrikat bei der Bratwurstherstellung "geglückt" sei. Der Wirt, der im Bayerischen Moser Sepp genannt wurde, machte sich zum angegebenen Datum schon recht früh am Morgen daran, die zur damaligen Zeit bekannten und beliebten Kalbsbratwürste herzustellen, als er feststellen musste, dass ihm die Schafssaitlinge ausgegangen waren.
In seiner Not, die Gäste bestellten schon ihre Würste, füllte er das helle Brät in dickkalibrigere Schweinedärme, drehte die Würste ab und brühte sie in heißem Wasser, weil er befürchtete, dass die Würste sonst beim Braten platzen würden.
Nach anfänglichem Misstrauen seitens der Gäste wurde die neue Wurstkreation ein voller Erfolg und im Verlauf der folgenden Jahrzehnte zum festen Bestandteil der Münchner Gastwirtschaften.
Münchner Weißwurst Tradition
Die Weißwurst wird jeden Morgen frisch hergestellt und einem alten Brauch nach immer nur vor 12 Uhr gegessen. Eine Redewendung aus vergangenen Zeiten sagt, dass die Weißwurst das Zwölfuhrläuten am Mittag nicht erleben darf, weil es früher nicht die Möglichkeiten zur Kühlung gab wie heute. Das frische Kalbsbrät in der Wurst verdirbt schnell, deshalb musste die Spezialität möglichst schnell verzehrt werden.
Traditionell gibt es die Weißwurst zusammen mit süßem Senf, einer braun gebackenen Breze und einem frisch gezapften Glas Weißbier. Wie man die Wurst richtig isst, darüber wird seit Langem heftig gestritten. Auf jeden Fall wird sie ohne Haut gegessen. Es gibt Weißwurst-Liebhaber, die meinen, so eine Wurst darf nur gezuzelt, also mit den Zähnen aus dem Darm herausgezogen und gesaugt werden. Andere bevorzugen es, die Wurst der Länge nach zu halbieren und das Wurstbrät mit Messer und Gabel von der Haut zu befreien und in mundgerechten Stücken von der Gabel zu genießen.
Bayerische oder Münchner Weißwurst?
Basierend auf die erfindungsgeschichte der Weißwurst aus dem Jahr 1857 wollte die Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst ihr Produkt im Jahr 2004 patentieren lassen. Das hat aber nicht geklappt. Und so gilt: Eine Münchner Weißwurst kann in München produziert werden, muss sie aber nicht. Sie darf aber nur „Münchner“ Weißwurst heißen, wenn sie mindestens 51 % Kalbfleisch enthält. Sonst ist es eben nur eine Weißwurst.